Nach langer Zeit geht es endlich wieder auf Fernreise. Dieses Mal in die Region Westafrika. Gibt es da Tiere? Wüste, Savanne oder Regenwald? Terrorismus und Kriminalität? Wie hoch ist die Armut? Welche Völker leben da, welche Kultur gibt es? Ich weiß es nicht. Aber bin offen für neue Erfahrungen, als wir Ende Juli in den Flieger nach Abidjan, dem Regierungssitz von Côte d’Ivoire, steigen. Côte d’Ivoire ist in Deutschland eher unter der Bezeichnung Elfenbeinküste bekannt, jedoch gibt es seit 1985 eine Verfügung, dass der Landesname nicht in die jeweilige Landessprache übersetzt und damit für Verwirrungen sorgen soll.

Nach einem langen Flug mit Zwischenstopp in Burkina Faso landen wir mit einer guten Stunde Verspätung in Abidjan. Am Flughafen sollen wir von unserem Guide in Empfang genommen werden – doch es ist niemand da. Zumindest keiner, der ein Schild mit unserem Namen hoch hält. Nach ein paar Minuten finden wir uns dann aber doch und auch der Fahrer, der uns die nächste Woche begleiten wird, steht bereit. Wir packen unsere Koffer in das Auto und fahren nach Grand Bassam, einer Hafenstadt am Golf von Guinea, in der wir unsere erste Nacht verbringen.

Grand Bassam – Yamoussoukro

Am nächsten Morgen sehen wir uns Grand Bassam an. Grand Bassam ist die ehemalige Hauptstadt von Côte d’Ivoire. Wir starten auf dem Markt, der groß, eng, laut und voll mit Menschen ist. Es gibt eine große Auswahl an Fleisch, Früchten und den Schnecken, wie wir sie noch heute Morgen vor unserem Zimmer gesehen haben. Danach gehen wir noch kurz durch das Museum, in dem die einzelnen Gewänder der Völker von Côte d’Ivoire gezeigt werden.

Schnecken kriechen morgens vor unserer Terrasse umher

Grand Bassam

Markt in Grand Bassam

Im Anschluss fahren wir Richtung Norden,  nach Yamoussoukro. Auf dem Weg dahin kriegen wir unsere erste Lektion in westafrikanischer Straßenküche. Es gibt Antilope mit Fufu, einem Brei aus Yamswurzel und Kochbanane. Gegessen wird traditionell mit den Händen. Yamoussoukro war bis 1950 noch ein kleines Dorf mit ein paar Hundert Einwohnern. Der erste Staatspräsident von Côte d’Ivoire, Félix Houphouët-Boigny, ließ Yamoussoukro, seine Heimat ausbauen und machte sie 1983 zur offiziellen Hauptstadt. Dadurch wirkt die Stadt überdimensioniert, die Straßen sind groß und breit, aber relativ leer. Schon aus der Ferne kann man die riesige Basilika Unserer Lieben Frau des Friedens erkennen, eine Nachbildung des Petersdoms in Rom nach Außenmaßen die bis heute größte Kirche der Welt. Natürlich besichtigen wir die Kirche auch von innen und sind von der kurzen Bauzeit (ca. 3 Jahre) ebenso beeindruckt wie von der Größe und auch den durchdachten Details des Sakralbaus.

Fragwürdiger Hühnertransport

Mittagessen in einer kleinen Straßenküche – Bushmeat mit Yamsbrei

Basilika Notre-Dame-de-la-Paix

Basilika Notre-Dame-de-la-Paix von innen

Wir besuchen im Anschluss das Kongresszentrum, in dem u. a. Angela Merkel am 08.02.2023 den Félix Houphouët-Boigny-UNESCO Friedenspreis verliehen bekommen hat, so wie vor ihr schon Nelson Mandela und viele andere. Nach einem kurzen Abstecher zur Großen Moschee darf auch ein Besuch beim Palast des Präsidenten nicht fehlen. Nein, den dürfen wir uns nicht angucken. Aber in einem künstlich angelegten See vor dem Gebäude liegen sie: die Krokodile, die einst dem Präsidenten gehörten, und die als heilig gelten. Offenbar sind sie nicht immer so träge wie heute in der Mittagssonne und ab und zu gelingt es wohl auch einzelnen Exemplaren, den abgesperrten Bereich zu entwischen und die Straßen von Yamoussoukro unsicher zu machen.

Kongresszentrum mit der Friedenstaube davor

Große Moschee

Die heiligen Krokodile des ersten Präsidenten

Yamoussoukro – Man

Von Yamoussoukro geht es nach Man. Die Fahrt dauert ungefähr 5 Stunden, zum Mittag gibt es wieder Antilope und Reis. Als wir an einem Reisfeld vorbeifahren, halten wir spontan an und steigen aus. Unser Guide fragt, ob wir kurz gucken können, wie die junge Frau den Reis erntet und ob sie kurz erzählen kann, was sie da  genau macht. Sie tut es bereitwillig und lächelt schüchtern, als unser Guide sie auffordert, „Guten Tag“ auf deutsch zu sagen. Die meisten lernen hier in den Schulen neben der Amtssprache französisch auch deutsch.

In Man angekommen treffen wir einen lokalen Guide, der mit uns in ein Dorf der Yakuba fährt. Hier können wir die handgeflochtenen Lianenbrücken bestaunen und sie auch überqueren. Aber nur barfuß. Die halbe Dorfgemeinschaft kommt, um uns zuzusehen und die Kinder kichern aufgeregt. Die Brücken dürfen nur nachts gebaut werden nach einer alten Tradition und keiner weiß, wie sie hergestellt werden. Danach gehen wir noch ins Dorf, den Dorfältesten begrüßen. Die Kinder sind alle sehr neugierig, schnell habe ich rechts und links eine kleine Hand in meiner. Es ist ein tolles Erlebnis, in die kleinen, strahlenden Gesichter zu blicken.

Die Lianenbrücken der Yakuba

Nach alter Tradition hergestellt

Barfuß geht es auf die andere Seite des Flusses

Abschied von den Kindern des Dorfes

Man – Odienné

Wir starten heute in einem anderen Yakuba-Dorf, wo uns am Vormittag ein Maskentanz vorgeführt wird. Der Maskentanz wird zu besonderen Anlässen getanzt wie zu Hochzeiten oder auch Beerdigungen. Die verkörperte Maske ist stark, hat hellseherische Fähigkeiten und kann bei Entscheidungen helfen. Der Tanz stellt die Macht der Maske dar, denn vier Männer können nicht gegen die Maske ankommen, sie ist zu mächtig. Der heutige Tanz findet nur für uns statt und das ganze Dorf ist dabei und begeistert.

Die vier Männer gegen die Macht der Maske

Anschließend fahren wir zum Wasserfall von Man, der eine kleine Oase nahe der Stadt ist. Auf dem Rückweg sehen wir zum Mal auf der Reise Affen und wir dürfen sie mit Bananen füttern. Da wir noch nicht genug von den Affen haben, fahren wir direkt noch in den Park der heiligen Affen, der ein weiteres Highlight unserer Rundreise durch Côte d’Ivoire darstellt. Doch warum sind sie heilig? Gemäß der Sage gab es einen Krieg und der König von Man hat seine Bevölkerung in Affen verwandelt, damit sie nicht getötet werden. Jedoch wurde er selbst getötet und konnte die Affen daher nicht zurück verwandeln und sie leben noch heute hier. Sie sind ganz schön frech, springen uns auch an, weil auch sie einen Leckerbissen abhaben wollen, verziehen sich aber sofort in eine ruhige Ecke, sobald sie ein Stück Banane ergattert haben. Ganz anders als ihre asiatischen Artgenossen zum Beispiel auf Sri Lanka.

Der Wasserfall von Man

Die heiligen Affen von Man

Jeder wollte ein Stück von der Banane abbekommen

Faszinierende Termitenhügel prägen die Landschaft

Odienné – Korhogo

Wir haben inzwischen den Norden des Landes erreicht und sind in Odienné. Hier besuchen wir am Morgen den Markt, welcher noch einmal größer ist als der Markt in Grand Bassam. Es ist sehr voll und wuselig. Als wir in den Bereich kommen, in dem das Fleisch verkauft wird, muss ich kurz an mich halten, um nicht zu würgen. Der Geruch des aufgeschnittenen Fleisches, auf dem sich die Fliegen tummeln in Verbindung mit dem Gedränge und der Hitze überwältigt mich kurz. Aber schnell habe ich mich wieder im Griff und wir gehen weiter zu anderen Bereichen des Marktes. Während unserer Fahrt nach Korhogo machen wir einen Abstecher nach Niofoin. Nach einer kurzen Fahrt über eine Buckelpiste können wir uns hier die Fetischhäuser der Senoufo ansehen. Ein Blick von innen ist nicht gestattet, dieses Privileg obliegt nur den Fetischmeistern. Die Überreste ihrer Tieropfer haben sie jedoch außen gut sichtbar an den Fetischhütten drapiert. Korhogo erreichen wir schon gegen Mittag, so dass es heute kein Bushmeat mit Reis gibt, sondern wir im Hotel essen können.

Markt in Odienné

Fetischhütte in Niofouin

So einige Tiere wurden hier geopfert

Am Nachmittag werden wir von unserem Fahrer und dem Guide abgeholt, um zu den Webern von Korhogo zu fahren und ihre Arbeit zu sehen. Leider ist einer der Weber vor Kurzem verstorben, daher arbeiten die Weber aktuell nicht, bis die Trauerzeremonien vorbei sind. Wir sehen allerdings die Frauen, die die Weberzeugnisse vernähen. Und es gibt einen kleinen Handwerksmarkt, auf dem unter anderem Schmuck aus Lehmerzeugnissen hergestellt wird. Das ist wirklich interessant zu beobachten, wie geschickt die Männer die Lehmkugeln innerhalb von ein paar Minuten verzieren. Am Abend dürfen wir dann noch einen traditionellen Tanz der Senoufo beiwohnen. Dieser ist ganz anders als der Maskentanz. Die Männer spielen Bolon, eine Art Stegharfe. Bevor es los geht ist der Platz schon voll mit Kindern, die sich akrobatisch austoben. Danach kommen die Tänzer im Gepardengewand und führen zum gleichmäßigen Trommeln Akrobatik vor.

Bei den Webern in Korhogo

Die Kinder sehen schon die verkleideten Tänzer kommen

Korhogo – Kong – Bouaké

Von Korhogo geht es weiter nach Kong, der Hauptstadt des einstigen Kong-Reiches und Geburtsstadt des aktuellen Präsidenten von Côte d’Ivoire. Kong ist vor allem bekannt für seine Lehmmoscheen. Seit über 200 Jahren stehen die beiden Moscheen in der Stadt, wurden zwischenzeitlich auch zerstört, aber wieder aufgebaut. Regelmäßig nach der Regenzeit müssen aufwendige Reparaturen durchgeführt werden, um die Gebäude zu erhalten. Im Inneren der großen Moschee (Freitagsmoschee) fühlen sich auch einige Fledermäuse wohl, die hier gemütlich an der Decke hängen. In Bouaké verlassen wir zum ersten Mal ohne Guide und Fahrer an der Seite unser Hotel. Wir planen in einer ca. 2 km entfernten Bar zu Abend zu essen. Das Viertel ist recht belebt, wir fühlen uns aber zu keinem Zeitpunkt unsicher, so dass wir sogar noch dem hiesigen Markt einen kurzen Besuch abstatten.

Im Inneren der großen Moschee fühlen sich die Fledermäuse wohl

Von außen ein beeindruckender Bau

Nicht weniger beeindruckend – die kleine Moschee

Bouaké – Abengourou

Auch heute steht wieder eine lange Fahrt bevor. Es geht nach Abengourou, Nahe der Grenze zu Ghana. Auf dem Weg dahin halten wir in einem Dorf, in dem die Fetischeusen uns die Zukunft vorhersagen wollen. Doch zunächst dürfen wir einen Initiierungstanz einiger Mädchen erleben und wir sollen auch mittanzen. Ein großer Spaß für das Dorf. Für die Zeremonie der Vorhersagung wird ein Tieropfer benötigt, welches die Dorfbewohner besorgen. Ob hier und heute und nur für uns ein Huhn geopfert wurde, erfahren wir nicht. Wir sehen und hören jedenfalls nichts davon. Dann geht es los, die Fetischeuse malt sich dramatische Streifen ins Gesicht, dreht uns den Rücken zu und beginnt mit ihrem Ritual. Die Aussagen sind sehr allgemein gehalten („Sie arbeiten zu viel und verdienen nicht genug.“). Und auch für unseren Guide, der als Übersetzer fungiert, sieht die Fetischeuse etwas in der Zukunft, auch wenn er gar keine Vorhersage wollte. Will er das Unheil vermeiden, dann muss er dafür Geld zahlen. Auch für uns sind die Prognosen so, dass wir, um Unglück fern zu halten, ein Opfer bringen müssen. Beziehungsweise sogar mehrere. Sieben Chamäleons, zwei Schafe (männlich und weiblich), eine Löwenhaut und Gold. Da wir natürlich keine Zeit haben, um auf Chamäleonjagd zu gehen, besteht auch die Möglichkeit, dass die Dorfbewohner die Tiere später besorgen und in unserem Namen opfern. Das Geld dafür könnten wir an unseren Guide überweisen und er würde sich dann darum kümmern, dass es auch im Dorf ankommt. Wir danken für die Information, überlegen es uns noch einmal und fahren weiter.

Initiierungstanz der Fetischeusen

In Abengourou besichtigen wir den Königspalast der Volksgruppe der Agni. Diese wurden nach der Spaltung des Ashanti-Reiches in Ghana ins Exil gedrängt und ließen sich entlang der Grenze nieder und gründeten hier ihr eigenes Königreich. Am Abend gehen wir mit unserem Guide und unserem Fahrer gemeinsam essen, denn es ist der letzte Abend in Côte d’Ivoire. Unser Guide hat ein schönes Lokal gefunden, in dem es gegrillten Fisch mit Manjok gibt und wir genießen den Abend sehr.