Ghana
Abengourou – Kumasi
Es geht weiter, heute überqueren wir die Grenze nach Ghana. Auf dem Weg dahin halten wir am Straßenrand, weil unser Guide im Vorbeifahren etwas gesehen hat, was er uns zeigen will. Und zwar Maniok-Verarbeitung. Wir sind gespannt, steigen aus und werden von einer Wolke von Fermentierungsgestank regelrecht erschlagen. Kurz durchatmen – keine gute Idee. An die einhundert Frauen dürften es sein, die hier sitzen und Maniokwurzeln schälen, kochen und fermentieren. Den beißenden Geruch nehmen sie nicht mehr wahr. Sie lächeln, winken und freuen sich, dass wir uns für die Maniok-Verarbeitung interessieren.
Kurz danach erreichen wir die Grenze. Wir fahren zum Grenzhäuschen, doch das ist nicht besetzt. Auch im Gebäude nebenan ist kein Beamter anzutreffen. Ein Mann, der auf der Veranda des Grenzhäuschens sitzt und an seinem Telefon spielt, erklärt, dass der Grenzübergang heute nicht besetzt ist und schickt uns zurück zur letzten Polizeistation im Ort. Wir steigen also wieder ins Auto und fahren ein paar Kilometer zurück. Hier kriegen wir unseren Ausreisestempel und werden zurück an der Grenze von unserem neuen Guide Marley sowie dem Fahrer Richard in Empfang genommen, die uns die restliche Zeit in Afrika begleiten werden. Nach einer halben Stunde ist auch die Einreise nach Ghana erledigt und wir können unsere Fahrt fortsetzen.
Ab sofort sind wir nicht mehr in einem Geländewagen unterwegs, sondern in einer Limousine. Wir sind etwas verwundert darüber, immerhin ist die Region nicht für die vielen geteerten Straßen bekannt. Andererseits sind wir auch nicht die ersten Reisenden, die Richard in seinem Wagen herum fährt, es wird also schon passen. Unterwegs sehen wir viele Menschen in schwarzen oder schwarz-roten Gewändern. Wir erfahren, dass dies die Farben sind, die hier zu Beerdigungen getragen werden. Die Beerdigungen finden nur am Samstag statt, daher sind heute viele zu Trauerfeiern von Verwandten und Bekannten unterwegs. Wir halten vor einer Beerdigungsfeier und sprechen mit einem Mann, der gerade auf dem Weg zu der Zeremonie ist. Natürlich haben wir uns vorher mehrfach versichert, dass wir nicht unhöflich oder pietätslos sind, wenn wir uns mit ihm unterhalten und ein Foto machen. Aber er ist sehr freundlich und freut sich über unser Interesse. Außerdem erzählt er, dass er vor einigen Jahren selbst in Deutschland – in Emden – gelebt hat.
Nach ungefähr vier Stunden Fahrt erreichen wir unser heutiges Ziel: die Stadt Kumasi. Ich freue mich besonders, denn hier bleiben wir für zwei Nächte im selben Hotel. Das heißt, weniger Fahrerei im Auto und die Möglichkeit, ein Teil der Kleidung im Hotel waschen zu lassen.
Kumasi ist das historische und spirituelle Zentrum der Ashantikultur und die größte Stadt des Landes. Die Gründung des Ashantireiches erfolgte um 1670. Im Laufe der nächsten Jahrhunderte dehnten die Ashanti ihren Einflussbereich bis in den heutigen Nachbarstaat Côte d’Ivoire aus. Nach den eher kleinen Städten, die wir bisher gesehen haben, ist Kumasi für mich eine Reizüberflutung mit dem Verkehr, dem Stau, den vielen Menschen und dem Lärm.
Kumasi
Heute verbringen wir den Tag in Kumasi. Es ist Sonntag und wir dürfen einen Blick in die Kirche einer freien Glaubensgemeinschaft werfen. Die Stimmung ist ausgelassen, es wird getanzt und die Frauen sehen ihn ihrer Kleidung einfach toll aus. Wir werden sehr freundlich begrüßt und direkt aufgefordert, mitzutanzen. Es ist allerdings kein Tanz, der vor irgendwelchen Dorfbewohnern vorgeführt wird. Nein, sie tanzen einfach ihre gute Laune heraus, bevor ihr Gottesdienst beginnt. Da diese Aktivität für die Frauen tagesfüllend ist, verabschieden wir uns nach einiger Zeit und fahren weiter zum Manhyia Palace Museum.
Vor dem Museum finden die Vorbereitungen für ein Festival statt und wir beschließen, später noch einmal vorbei zu kommen und zunächst zum Markt von Kumasi zu fahren. Es ist mit über 10.000 Händlern einer der größten Märkte Afrikas. Im Gegensatz zu den Märkten, die wir bisher besucht haben, gibt es hier keinen großen zentralen Platz, sondern die Stände sind links und rechts von der Straße aufgebaut. Eine Markthalle ist aber aktuell im Bau. Der Spaziergang durch die Straßen gleicht eher einem Spießrutenlauf. Jeder will deine Aufmerksamkeit. Verkauft werden Yams und Mangos, große und kleine Elektrogeräte sowie sehr viel Kleidung, welche häufig gebraucht aus Europa kommt. Was uns außerdem auffällt ist, dass viele Autos mit deutscher Beschriftung herum fahren. Häufig sind das Fahrzeuge von Handwerksbetrieben, welche in Deutschland ausgedient haben und nun hier weiter auf den Straßen unterwegs sind. Nach dem Mittag fahren wir erneut zu dem Festivalplatz, aber es ist noch nicht viel los, so dass wir ins Hotel fahren und eine Runde im Pool schwimmen, bevor wir zum Abendessen gehen. Wir wollen in eine Bar, welche nur ein paar hundert Meter vom Hotel entfernt ist. Heute ist sie aber geschlossen. Da das Hotelrestaurant nicht einladend wirkt, gehen wir weiter und finden ein Chinarestaurant, in dem wir hervorragend essen.
Kumasi – Accra
Von Kumasi, der heimlichen Hauptstadt, fahren wir weiter nach Accra, in die offizielle Hauptstadt des Landes. Mir war in Kumasi alles zu laut und zu voll, ich sehne mich nach kleinen Dörfern mit strahlenden Kindern zurück. Entsprechend wenig Vorfreude verspüre ich auf der Fahrt. Außerdem habe ich schlecht geschlafen und bin müde und die Fahrt über die huckelige Piste scheint kein Ende zu nehmen. Ungefähr auf der Hälfte der Strecke halten wir an einem Rastplatz und holen uns einen Kaffee, der mich aus dem Tief holt. Die Müdigkeit verschwindet und die folgende kilometerlange Baustelle, also eine Straße voll mit tiefen Schlaglöcher und Stau, lässt sich leichter ertragen. Dann erreichen wir die Stadt. Ich bin überrascht. Positiv. Accra ist völlig anders als Kumasi. Das geht schon damit los, dass die Straße nach der Baustellenpiste breit ausgebaut ist und wir über ein großes Autobahnkreuz die Innenstadt erreichen. Wir sind mitten in einem belebten Viertel, als unser Driver plötzlich vor einem unscheinbaren Gebäude anhält und sagt „Hier ist euer Hotel.“ Wir finden es super, die Straße ist voller Leute, Geschäfte und Restaurants. Doch sind hier nicht die Gehwege mit Marktständen vollgebaut und man muss nicht im Slalom laufen, um voran zu kommen. Wir stellen die Koffer in unserem Zimmer ab und machen eine kleine Tour durch die Stadt. Wir fahren vorbei am Stadion, sehen das Denkmal Freedom and Justice und den Unabhängigkeitsplatz und besichtigen danach den Founder Memorial Park und das Museum des ersten ghanaischen Präsidenten.
Als die Dämmerung einsetzt, setzt unser Fahrer uns wieder am Hotel ab. Es gibt gerade einen Stromausfall im Hotel, was wir als Gelegenheit nutzen, um noch etwas die Gegend zu erkunden. Direkt nebenan ist ein großer Supermarkt, der ist unser erstes Ziel. Wir schauen nach lokalen Produkten und vergleichen Preise mit denen in Deutschland. Danach gehen wir in die Bar Republik, um einen Kokoroko zu trinken, einen lokalen Cocktail aus Hibiskus, gewürzt mit Ingwer und Pfeffer. Es ist nicht ganz unser Geschmack, aber wir sitzen sehr gut im Außenbereich der Bar und beobachten das Leben auf der Straße. Zurück im Hotel hält der Stromausfall weiterhin an, so dass das Restaurant geschlossen hat. Wir gehen also wieder raus, um ein Lokal zu suchen, in dem wir zu Abend essen können. Doch mit der Dunkelheit kommen auch merkwürdigen Gestalten zum Vorschein, die uns nicht Geheuer sind. Wir entscheiden daher kurzerhand, im nahegelegenen KFC einzukehren und uns die Suche nach einem alternativen Restaurant zu ersparen.
Togo
Accra – Lomé
Im Hotel gibt es eine große Frühstücksauswahl, es gibt French-, American-, English- und Lebanon-Breakfast, außerdem auch Panini, Croissants und Toasts mit Schinken, Käse oder Chicken. Das Brot kommt aus der hauseigenen Bäckerei und es schmeckt hervorragend. Bevor wir uns auf den Weg nach Togo machen kaufen wir uns, den Guide und den Fahrer noch Cinnamon Rolls. To go.
Wir fahren durch Jamestown, den ältesten Stadtteil Accras und machen einen Fotostopp beim Leuchtturm. Bevor wir die Grenze erreichen steht noch ein weiteres Highlight auf dem Programm, nämlich die Särge, die typisch für den südlichen Teil Ghanas sind. Die Särge werden individuell angefertigt und spiegeln Interessen oder den Beruf des Verstorbenen wider. Dabei sind der Kreativität kaum Grenzen gesetzt.
Nur ein paar Kilometer hinter der Grenze halten wir, denn wir sehen wie rechts von uns, am Strand, Fischer gerade ein Netz reinholen. Viele Fischer und Marktfrauen sind da, um den Fang in Augenschein zu nehmen. Viel ist heute nicht dabei, allerdings fällt auf, wie viel Müll neben den Fischen in dem Netz ist. In Lomé angekommen laufen wir über den Markt und trinken anschließend ein Bier in einer Strandbar. Am Nachmittag besuchen wir den Fetischmarkt in Akodésséwa, der als größter seiner Art gilt. Hier werden die Zutaten verkauft, die die Voodoo-Priester für ihre Zeremonien benötigen. Wie eine Apotheke für die Voodoo-Völker, von der Kräutermischung bis zum Tierschädel ist hier alles erhältlich. Affenköpfe, tote Chamäleons und Frösche, Schlangen- und Krokodilhäute, aber auch ein Warzenschwein- und ein Nilpferdschädel. An einem Stand spielt ein Mädchen mit einem lebenden Chamäleon. Man merkt, dass sie das Tier als Ware ansieht und sie damit die Jungs am Stand ärgert, weil die das Chamäleon auf ihren Kopf oder ans Ohr setzt. Mir tut das Tier leid und ich würde es gerne mitnehmen, weiß aber gleichzeitig, dass es sich im gemäßigten Klima Frankens auch nicht wohl fühlen würde. Abends fahren wir mit unserem Guide erneut in die Beach Bar und verbringen den Abend beim Mondlicht am Strand von Togo.
Benin
Lomé – Grand Popo – Ouidah
Unser erster Stopp an diesem Tag ist in Aného, einer Stadt in unmittelbarer Grenznähe zu Benin. Hier können wir zufällig einen weiteren Maskentanz sehen, der gerade einer offiziell aussehenden Gruppe von Personen vorgeführt wird. Anschließend gehen wir an der Uferpromenade spazieren und beobachten das Meer und die Wellen.
In Benin angekommen fahren wir zu den Pythonttempel in Ouidah, der für die Voodooanhänger hier eine sehr große Bedeutung hat. Die spirituellen Bräuche sind je nach Tierzeichen unterschiedlich, hier in der Region gehören viele Einwohner zur Schlangengottheit. An sich ist der Tempel nur eine kleine Lehmhütte, in der mehrere Pythons auf dem Boden liegen. Draußen kann man sich die Tiere auch um den Hals legen lassen und Fotos davon machen. Hinter dem Tempel ist ein heiliger Wald, der ebenfalls für die Rituale genutzt wird.
Doch neben Voodoo gibt es auch ein weiteres wichtiges Kapitel in der Geschichte Benins. Denn wie an der gesamten Gold-Küste gab es auch hier Sklavenhandel. Allein von Ouidah wurden mehr als eine Million Sklaven über den Atlantik verschifft. Dazu mussten die Sklaven, die teilweise bereits lange Nachtmärsche hinter sich gebracht haben, einen ca. 4 km langen Weg vom Fort bis zum Strand hinter sich bringen. Nur ein kleiner Abschnitt ihn ihrem vom Qualen gezeichneten Leben, jedoch auch ein Abschnitt, der verdeutlicht, dass der Wille der Sklaven gebrochen werden sollte, um sie gefügig zu machen. Das Fort São-Jão-Batista-de-Ajuda ist heute ein Museum, leider hat es geschlossen, als wir in Ouidah sind. Davor gibt es einen schönen, großen Platz, in dessen Mitte ein großer Baum steht. Im 17., 18. und 19. Jahrhundert wurden hier die aneinandergeketteten Sklaven zusammengetrieben, damit sich die Käufer in Ruhe umschauen und über Preise verhandeln konnten. Anschließend wurden die Sklaven gebrandmarkt und in Unterkünfte ohne Licht gepfercht, um zu prüfen, welche von ihnen die lange und entbehrungsreiche Fahrt über den Atlantik überleben konnten. Wer diese Tortur überstanden hat musste weiter, vorbei am Baum des Vergessens. Diesen mussten die Sklaven mehrfach umrunden, um so ihre Heimat und ihre Kultur zu vergessen. Und am Ende wartete das Schiff, welches den endgültigen Abschied von Afrika und ihrer Heimat bedeutete. Heute steht an dieser Stelle am Strand ein großer Torbogen, die Porte du non retour (Pforte ohne Wiederkehr).
Ouidah – Ganvié – Abomey
Wir verlassen die Küste und fahren nach Norden in Richtung Abomey. Auf dem Weg dahin halten wir in Ganvié und können vom Auto in ein Boot umsteigen. Mit diesem fahren wir in eine der größten Pfahlbausiedlungen Afrikas. Alles Leben spielt sich hier auf dem Wasser ab, vom Einkauf bis zum Gang in die Moschee wird immer ein Boot benötigt. In Abomey angekommen fahren wir zu einem weiteren Voodoo-Tempel. Da der Voodoo in Benin seinen Ursprung hat, wird es wohl auch nicht der letzte Tempel dieser Art gewesen sein. Hier wird noch einmal deutlich, dass das, was wir uns in Deutschland unter Voodoo vorstellen, nichts mit dem Voodoo zu tun hat, der in Afrika praktiziert wird. Die Voodoostätten sind oftmals eine Anhäufung aus Überresten von Tieropfern (Fleisch landet aber im Topf und nicht auf dem Opferhaufen), Palmöl und Alkohol. Auch gibt es hier keine kleinen Handpuppen, die mit Nadeln durchbohrt werden. Statt dieser werden kleine Äste verwendet, die vor dem Tempel platziert werden. Der Sinn des Voodoo ist auch viel mehr das Abhalten und Heilen von Krankheit und Leid, nicht anderen ebendies zuzufügen.
Den Königspalast können wir nur von außen sehen, dafür ist draußen ein kleiner Handwerksmarkt und wir sehen endlich auch ein paar Weber bei ihrer Arbeit. Nach einem weiteren Voodoo-Tempel halten wir noch an einem Denkmal, welches für vier Deutsche errichtet wurde. Die Geschichte zu diesem Denkmal ist, dass die Bewohner Dahomeys, wie Benin früher hieß, zur Verteidigung gegen die Franzosen Kanonen haben wollten und diese auch von den Deutschen erhalten haben. Nun hatten sie die Kanonen, wussten aber nicht, wie man damit umgeht. Also sind vier Deutsche gekommen, zur Tarnung schwarz angemalt, und haben die Funktionsweisen der Kanonen erklärt. Durch sie Hitze ist jedoch die schwarze Farbe verlaufen und die Franzosen haben erkannt, dass es sich bei den vier Männern um Europäer handelt. Für sie ist das Denkmal.
Abomey – Natitingou
Ein langer Fahrtag erwartet uns, aber wir haben ein paar Pausen eingeplant. Der erste Halt ist eine Pilgerstätte für Katholiken, welche aus einer Kirche und einem großen Platz vor einem malerischen Felsen besteht. Das nächste Mal halten wir kurz am Straßenrand, um Erdnussstangen zu kaufen, welche ein guter Snack für zwischendurch sind. In einem Voodoodorf für die Gottheit der Schlange machen wir den nächsten Stopp. Hier tummeln sich gerade einige Menschen, auch viele Kinder, die nicht den Eindruck machen, dass sie zur Familie des Dorfes gehören. Wir erfahren auch gleich, warum die Kinder sich hier herumdrücken, denn es ist gerade ein Mann vor Ort, der den Voodoo beschwören will. Dafür wurde eine Ziege geopfert und entsprechend hofft jeder der Anwesenden, etwas von dem Fleisch abzubekommen. Wir sehen, wie der Mann einen großen Schluck Palmöl auf den die Opferstätte schüttet und anschließend eine Schluck Palmschnaps nimmt und diesen anschließend auf den Haufen spuckt. Für mich ist die Zeremonie eher abstoßend, wozu auch der Geruch, der in der Luft liegt, sein übriges tut. Aber es ist die Kultur und der Glaube der Menschen, die hier leben und das respektiere ich. Ich bin froh, dass ich bei dem Ritual kurz dabei sein konnte und gleichzeitig dankbar, als wir wieder ins Auto steigen und weiter fahren.
Bevor wir unser Tagesziel erreichen, machen wir noch einen kurzen Abstecher. Ziel ist ein Dorf, dessen Name übersetzt heißt „Stadt, die unter Steinen liegt“. Über eine Buckelpiste, die von der Hauptstraße abgeht, fahren wir bis zu einer Brücke. Die ist vor ein paar Tagen kaputt gegangen und daher können wir sie nicht überqueren. Aber wie kommen wir nun in das Dorf? Die Lösung ist einfach: Schuhe aus und durch den Fluss waten. Ein paar Bedenken haben wir, denn im Süßwasser gibt es hier allerhand Parasiten, die durch die Haut in den Körper gelangen und da ziemlich eklige Dinge anstellen können. Ein wenig beruhigt uns, dass es sich zumindest um kein stehendes Gewässer handelt und daher das Risiko nicht ganz so hoch ist und wir auch nicht knietief im Wasser sind, sondern das Wasser kaum bis an die Knöchel reicht. Auf der anderen Seite des Flusses warten schon Motoradtaxen auf uns. Es ist das erste Mal für mich, dass ich auf einem Motorrad mitfahre. Wir fahren ungefähr zehn Minuten, dann erreichen wir das Dorf, das ungefähr 14.000 Einwohner hat. Früher waren die Hütten aus Lehm, bedeckt mit Strohdächern. Aber die moderne Welt kommt auch hier an und viele Dächer sind zwischenzeitlich aus Blech. Für jede Gottheit gibt es im Dorf einen Voodoopriester. Diese sind nur mit einem Lendenschurz aus Affenhaut bekleidet, etwas anderes dürfen sie nicht tragen. Stirbt einer der Voodoochefs, dann wird im Voodoo Grab-Haus ein Loch ausgehoben und der Verstorbene wird darin beerdigt. Wenn alle Plätze voll sind, dann wird das Grab genommen, bei dem die Person liegt, deren Tod am längsten her ist. Bei unserem Spaziergang sehen wir, wie eine Frau Shea Butter zubereitet. Die Nuss muss gekocht, gestampft und dann sehr lange gerührt werden, bevor sie erneut aufgekocht wird. Die Kinder des Dorfes sind sehr neugierig und folgen uns auf Schritt und Tritt, während andere Kinder schüchtern aus der Ferne lächeln und sich sehr freuen, wenn man ihnen winkt. Wir kommen vorbei an einer Art Platz, an dem einige Männer sitzen. Einer davon ist ein Voodoo-Chef, zu erkennen daran, dass er nur mit einem Affenhaut-Lendenschurz bekleidet ist. Und er strahlt auch eine Autorität aus, die den anderen überlegen ist. Er raucht eine Pfeife und bittet uns zu sich, um mit ihm ein Foto zu machen. Etwas unsicher setze ich mich neben ihn, überlege, ob ich ihm jetzt für das Foto die Hand reichen soll. Aber wer bin ich denn? Während ich noch nachdenke, streicht er mir über den Kopf und lacht wie ein kleiner Junge über mein verdutztes Gesicht.
Natitingou
Heute haben wir einen entspannten Tag vor uns. Wir starten erst gegen 10 Uhr und fahren zu einem Wasserfall. Die Anreise mit dem normalen PKW (kein SUV) über die sehr unebene Piste dauert länger als der Aufenthalt an sich und mehrfach setzen wir mit dem Unterboden des Autos auf, wobei ich jedes Mal zusammen zucke. Wir bieten an, einen Teil der Strecke zu laufen. Aber laufen ist im westlichen Afrika kein Lifestyle, sondern für die meisten lebensnotwendig. Und da wir hier zu Gast sind besteht unser Fahrer darauf, uns so weit wie es geht mit dem Auto zu fahren, auch wenn die Piste noch so buckelig und ungemütlich für uns ist. Auf den Weg zu unserem Ziel verfahren wir uns, kommen an einer Stelle heraus, an der Arbeiter schwere Granitplatten abbauen. Die Arbeiter sind sehr freundlich, erklären uns, was sie tun und anschließend schwingt sich einer von ihnen auf sein Moped und zeigt uns den Weg zum Wasserfall. Und das lohnt sich. Nach ein paar Metern können wir von oben schon erahnen, wie wunderschön es hier ist. Das ganze Ausmaß erkennen wir aber, nachdem wir über ein paar Stufen und Wurzeln hinabgestiegen sind und am Ufer des Flusses stehen. Ein kleines Stück Paradies mitten im Nirgendwo.
Nach diesem wundervollen Naturerlebnis besuchen wir noch das Somba-Museum. Wir essen Mittag an einem belebten Platz in Natitingou, wo die örtliche Taekwondo-Schule gerade einen Wettbewerb öffentlich vorführt. So sitzen wir gemütlich mit unserem Fahrer und unserem Guide zusammen und planen währenddessen eine kleine Routenänderung im weiteren Verlauf unserer Reise. Den Nachmittag verbringen wir dann in der Hotelanlage. Leider ist die Unterkunft, in der wir nun die zweite Nacht sind, eine der schlechtesten unserer Reise. Sie ist hoch auf einem Hügel gelegen, daher ist die Aussicht wenigstens fantastisch und mit einem Radler in der Hand endet der Tag entspannt.
Togo
Natitingou – Kara
Der heutige Tag steht im Zeichen der Lehmburgen. Jene, die in Benin stehen, wo die Bauweise ursprünglich herkommt und jene, die in Togo stehen, wo sie zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen, weil Benin es etwas verpennt hat, sich um die Anerkennung zu bemühen. Die Lehmburgen sind nicht groß und pompös, wie man es sich bei dem Wort vielleicht denkt. Unser Local-Guide, welcher im übrigen eine alte Burger King Uniform trägt, erklärt uns, dass im unteren Bereich der Stall ist, wo die Ziegen untergebracht sind. Hier qualmt auch eine Feuerstelle vor sich hin, wodurch der ganze Raum vernebelt ist. Über eine speziell konstruierte Leiter erreichen wir den oberen Bereich. Hier gibt es Türmchen, in denen sich die Schlafzimmer befinden. Die Räume sind alle sehr klein, man lebt auf engstem Raum miteinander. Aber das Leben spielt sich normalerweise auch draußen ab. Neben den Schlafzimmern gibt es noch einen Getreidespeicher, welcher befüllt wird, indem einfach der obere Teil vom Dach wie ein Hütchen abgenommen werden kann. Als wir die Leiter wieder herabsteigen müssen wir husten, so stark hat sich der Rauch im unteren Raum entwickelt. Für die Dorfbewohner und offenbar auch die Ziegen ist das ganz normal. Wir aber sind froh, als wir wieder draußen sind.
Wir erreichen ein Hexendorf, welches auf unserem Weg liegt. Auch hier gibt es heilige Stellen, an denen Rituale vollführt werden. Eine davon ist ein mächtiger alter Baum, der mit seinem meterdicken Stamm beeindruckend daher kommt. Das innere des Stammes ist ausgehöhlt, auch hier waren die regionalen Völker kreativ bei der Suche nach sicheren Zufluchtsorten. Durch einen Spalt kann man in das innere des Baumes gehen. Als ich den Stamm betrete, bemerke ich einen Windstoß, schaue auf und da, noch einmal. Ich denke für einen Moment, dass ich nun im Voodoo des Baumes gefangen bin und auch jetzt denke ich noch, dass es ein spiritueller Moment war. Ich merke aber im inneren des Baumes, dass hier auch ein Vogel umherfliegt, der um meinen Kopf geflogen ist, daher kam der Windstoß.
Nachdem wir schnell im Hotel in Kara eingecheckt haben, besuchen wir den ersten Nationalpark unserer Reise: Sarakawa. Es ist ein kleiner Park in der Nähe von Kara. Wir sehen Wasserböcke, Antilopen und Büffel. Insbesondere letztere sind lustig anzuschauen, da sie alle in einem geheimen Takt mit ihren Ohren wackeln, um die Fliegen zu verscheuchen. Außerdem gibt es Gehege, in denen Krokodile, die auch wild im See des Nationalparks leben, gefangen sind. Damit die Besucher sie auch sehen können. Davon halten wir nichts. Insgesamt dauert unser Besuch wohl nicht viel länger als eine Stunde.
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