Kandy
Nach dem Frühstück verlassen wir Sigiriya und fahren nach Kandy. Auf dem Weg dahin halten wir zunächst beim buddhistischen Dambulla-Tempel, der größten Tempelanlage des Landes. Es laufen viele Touristen sowie auch Gläubige herum und es ist sehr heiß. Irgendwer sagte, dass es in den Höhlen etwas kühler wird. Aber davon merken wir nichts. Dennoch können wir die Atmosphäre gut aufnehmen und spüren in jedem Moment, dass dies ein sehr spiritueller Ort ist. Auch die kunstvollen Deckenfresken sind wirklich beeindruckend.
Im weiteren Verlauf auf der Fahrt nach Kandy halten wir noch bei einem Gewürzgarten. Wir kriegen eine spannende Führung und Roland werden die Beine enthaart, was er gar nicht so lustig findet wie der Rest der Gruppe, der von dem nun glatten Männerbein beeindruckt ist. Ansonsten hat der Guide mich als Model für seine Demonstrationen gewählt, weil ich seiner Tochter ähnle. Sagt er. Mehrfach spricht er mich mit „like my daughter“ an. Dadurch kriege ich von ihm eine Massage an Kopf und Stirn mit einer Salbe, die bei Migräne helfen soll. Vielleicht hat seine Tochter auch häufiger Probleme mit Kopfschmerzen?! Später kriege ich noch eine Hand- und eine Nackenmassage und auch der Rest der Gruppe kann sich massieren lassen. Am Nachmittag erreichen wir dann Kandy. Es ist alles sehr laut und hektisch, überall wird gehupt. Ein krasser Gegensatz zu der Idylle am Sigiriya. Die Luftfeuchtigkeit ist sehr hoch, es regnet, als wir ankommen. Zum Glück ist unser Hotel etwas außerhalb und wir haben vom Balkon einen schönen Blick auf die umliegenden Hügel. Roland und mir fällt gleich das Schild an der Balkontür auf, dass man diese wegen der Affen geschlossen halten soll. Noch lächeln wir über diese Warnung. Für den Abend ist eine traditionelle Tanzveranstaltung geplant, jedoch schwänze ich, um etwas Zeit für mich zu haben. Die anderen erzählen mir später, dass es zwar ganz nett war, ich aber mich auch nicht ärgern muss, etwas Besonderes verpasst zu haben. Beim Abendessen erzählt uns unser Guide, dass es aktuell einige Ausschreitungen in Kandy zwischen Buddhisten und Muslimen gibt.
Am darauffolgenden Tag besichtigen wir morgens den Sri Dalada Maligawa, den Zahntempel. Hier liegt gemäß der Überlieferung der Eckzahn von Buddha höchstpersönlich. Daher ist dieser Ort äußerst wichtig für die Buddhisten im ganzen Land; gleichzeitig ist der Tempel aber auch Anziehungspunkt für die Besucher Sri Lankas. Das führt dazu, dass auf der einen Seite die Singhalesen vor der Tür sitzen, hinter der der Zahn liegen soll, und beten. Gleichzeitig werden daneben die Touristengruppen vorbei geschleust, jeder darf eine Gebetsblume an der dafür vorgesehenen Stelle ablegen und Fotos machen, dann geht die Tour durch den Tempel weiter. Alles in Allem ist es ein großes Gewusel, die Atmosphäre gleicht eher einem Jahrmarkt. Den Zahn selber kriegt keiner zu Gesicht. Nach dem Tempel besichtigen wir auch noch das Museum auf dem gleichen Gelände, in dem man viel über die Geschichte des Zahns sowie sein Weg nach Kandy erfahren kann.
Im Anschluss an die Tempelbesichtigung fahren wir zu einer Edelsteinmanufaktur und legen danach noch einen Stop ist bei einem Bekleidungsgeschäft ein, wo es vorwiegend traditionelle Gewänder gibt. Vroni kauft sich hier einen Sari, den sie auch gleich an behält. Für den Nachmittag trennt sich unsere Gruppe. Wir vier haben uns entschlossen, den königlichen botanischen Garten zu besuchen. Vroni wird von den Männern häufig bewundernd angestarrt, die Frauen hingegen sprechen sie offen an und einige bitten sogar um ein Foto mit ihr und alle finden, dass der Sari ihr ausgezeichnet steht. Der botanische Garten ist eine regelrechte Erholung nach dem Lärm der Stadt. Es ist ein hübsch angelegter Park, in dem man Ruhe findet. Während unseres gemütlichen Spaziergangs fliegt plötzlich ein großer Vogel über uns und ich sage noch „Schaut mal, ein Adler!“ In dem Moment erkennen wir auch schon, dass das kein Vogel ist, sondern ein Flughund. Ganze Schwärme hängen hier in den Bäumen und gleiten von Ast zu Ast. Die Flügelspannweite ist schon imposant und der Lärm, den sie veranstalten, ist auch nicht zu überhören.
Nachdem wir zwei Stunden die Ruhe genossen haben, werden wir von unserem Busfahrer wieder abgeholt und in der Innenstadt raus gelassen, wo diejenigen, die nicht mit im botanischen Garten waren, schon vorher abgesetzt wurden. Aber auch beim zweiten Blick überzeugt uns die Stadt nicht so richtig. Wir finden keinen ruhigen Platz, wo wir uns hinsetzen und gemütlich etwas trinken können. Dabei liegt Kandy direkt am Kandy-See, hier hatten wir gehofft, ein hübsches Café zu finden. Aber es gibt nur große Restaurantketten mit kalter Atmosphäre. Wir treffen einen Singhalesen, der lange Zeit in München gewohnt hat und den bayerischen Dialekt direkt erkannt hat. Wir erfahren, dass er Touren in der Gegend rund um Kandy, insbesondere in die Knuckles Mountains, anbietet. Er erzählt uns außerdem von der aktuellen Situation in Kandy und dass es in einem anderen Bezirk gestern eine Ausgangssperre gab, wir uns aber keine Gedanken machen müssen. Wir entschließen uns bald darauf, mit Tuk Tuks wieder zum Hotel zu fahren. Hier erreicht mich die Nachricht aus Deutschland, dass in Kandy heute der landesweite Ausnahmezustand ausgerufen wurde.
Wie jeden Morgen starten Roland und ich in den nächsten Tag, indem wir einen ersten Kaffee auf dem Balkon trinken. Roland geht dann duschen, ich bleibe aber nicht lange allein auf dem Balkon, sondern kriege schon bald tierischen Besuch. Ein Affe kommt über das Dach geklettert und setzt sich mir direkt gegenüber auf die Balkonbrüstung. Ich greife nach Rolands Zigaretten und seinem Handy, um es in Sicherheit zu bringen. Da faucht mich mein Gegenüber böse an, verzieht sich dann aber. Als Roland wieder kommt, kommen weitere Affen. Sie sind teilweise richtig aggressiv, so dass wir ins Zimmer flüchten. Einer der Affen nimmt die leere Kaffeetasse von Roland und zerschlägt sie auf dem Boden. Danach leckt er den Aschenbecher aus und lässt sich auch durch Klopfen an der Tür nicht davon abhalten. Plötzlich fallen Schüsse. In Anbetracht der Informationen zu der aktuellen Lage in Kandy schauen Roland und ich uns verunsichert an. Eskaliert die Situation? Wir gehen erst einmal zum Frühstücksraum. Auch hier sind die Affen in großer Zahl an den Fenstern und wir erfahren, dass der Schuss ein Warnschuss war, um die Affen zu erschrecken und zu vertreiben. Hat nur so mittelmäßig funktioniert. Die Hotelmitarbeiter stehen parat und sind zur Stelle, sobald ein Affe zu nah an die Fenster kommt, oder gar etwas vom Frühstücksbuffett stibitzen will.
Nach diesem actionreichen Morgen verlassen wir heute Kandy. Einen kurzen ersten Zwischenstop legen wir an einer Batikfabrik ein, anschließend halten wir bei einer Teemanufaktur, wo wir die Herstellung und Unterschiede der Teesorten kennenlernen. Die Aussicht hier ist wunderschön, doch vom Tee sind wir alle enttäuscht. Vielleicht sind aber auch unsere Geschmäcker durch die Tees aus dem Supermarkt zu versaut. Trotzdem haben wir unseren Spaß. Während der Fahrt erhält unser Guide einen Anruf von unserem Hotel in Kandy. Offensichtlich haben es Rolands und mein Koffer nicht mit in den Bus geschafft und stehen noch im Hotel. Unser Guide diskutiert mit dem Fahrer und dem Assistenten, wer die Gepäckstücke gezählt hat und nicht gemerkt hat, dass es zu wenige Koffer sind. Roland meinte, im Vorbeigehen unser Gepäck im Bus gesehen zu haben. Aber nun ist es so, dass wir hier sind und unsere Koffer nicht. Wir sind zwar schon den halben Tag unterwegs, aber der Guide sagt, unser Gepäck wird per Tuk Tuk hinterher gebracht. Ich denke, dass er einen Witz macht, weil ein Tuk Tuk ja ewig braucht, aber er kann nicht verstehen, weshalb ich lache. Zum Mittag machen wir Pause am Calamander Lake Gregory. Hier sieht es genauso britisch aus wie es klingt. Es ist herrlich ruhig und angenehm warm hier und da wir noch Zeit haben, dösen wir nach dem Essen alle ein Stündchen in der Sonne.
Irgendwann geht die Busfahrt weiter, aber nur ein kurzes Stück, bis zum Bahnhof. Hier warten wir auf den Zug nach Haputale. Die Zugfahrt auf der Strecke zwischen Kandy und Ella gilt als ein Highlight auf Sri Lanka und so sind auch wir gespannt, was uns erwartet. Und wir werden nicht enttäuscht, denn wir fahren entlang an herrlich grünen Teeplantagen, über wackelig aussehende Brücken ins bergige Land. Es wird direkt kühler und man sieht die Nebelschwaden über das Tal wabern. Zwischendurch kann auch ich mich kurz an die während der Fahrt offene Tür stellen und den Fahrtwind in den Haaren spüren.
Angekommen am Bahnhof in Haputale wartet unser Bus schon auf uns. Drin liegen, neben anderen Gepäckstücken, die Koffer von Roland und mir. Wir sind wirklich überrascht, wie schnell das ging und beginnen nicht ganz ernstgemeint zu spekulieren, dass wir ja recht entspannt über kurvige Bergstraßen mit tollen Ausblicken gefahren sind und es wahrscheinlich eine wesentlich kürzere Direktverbindung durch Tunnel von Kandy nach Haputale gibt. Unser Hotel liegt wieder an einem Berghang, so dass wir von hier eine tolle Sicht ins Tal hinein haben.
2 comments