Costa Rica ist das Land, was ganz oben auf meiner Bucket List stand. Auch wenn ich keine Auflistung habe mit Orten, die ich unbedingt noch sehen will, sondern mich lieber treiben lasse. Aber Costa Rica ist seit ein paar Jahren ein Wunschziel von mir. Ich habe schon so viel von dem kleinen Land gehört, Berichte gelesen und Bilder gesehen. Nur leider waren meine Reisefreunde und sonst gefühlt jeder schon einmal da und demnach war es schwer, jemanden zu finden, der Costa Rica gemeinsam mit mir erkunden will. Aber jetzt war es soweit. Sommerurlaub 2019: Drei Wochen Zentralamerika.
Obwohl wir einen Direktflug haben und in der Premium Economy fliegen, wo man etwas mehr Bewegungsfreiheit hat, ist der Flug lang und anstrengend. Ich komme nicht richtig zum Schlafen und bin froh, als wir gegen 17 Uhr in der Hauptstadt San José landen. Hier checken wir in unserem Hotel ein, gehen eine Kleinigkeit im Restaurant des Hotels essen und dann auch schon bald ins Bett.
Cahuita
Unsere Rundreise starten wir in Cahuita im Südosten des Landes. Die Fahrt von San José dauert etwa 4,5 Stunden und so haben wir am Nachmittag noch genügend Zeit, unsere Unterkunft und die Gegend zu erkunden. Schon während wir auf unserer Terrasse sitzen bzw. in der Hängematte liegen, sehen wir die ersten Leguane in den umliegenden Bäumen und in das Netz, dass eine recht große, gelb-schwarze Spinne vor unserem Zimmer gesponnen hat, laufe ich zum Glück nur fast rein. Lange hält es uns aber nicht in der Lodge, wir wollen ans Meer. Also schnappen wir uns die Handtücher und laufen zum nahegelegenen Strand. Der Lodgehund Bella (spanisch ausgesprochen, also Beja) freut sich, dass Gäste spazieren gehen und begleitet uns völlig selbstverständlich. Der Strand ist keine typische Karibikidylle, sondern grauer Sand, teilweise bedeckt mit Seerosenblüten. Wir sind fast alleine unterwegs, können ungestört im Meer schwimmen und uns in Ruhe trocknen lassen, während Bella herumtobt. Auf dem Weg zurück zu Lodge denke ich mir, dass an dem kahlen Baum da oben irgendetwas merkwürdig ist und im Zoom der Kamera sieht man es dann: es ist tatsächlich unser erstes Faultier, was wir sehen. In der Lodge trinken wir noch kurz unser erstes Bier in der Pool-Bar und planen unseren nächsten Tag.
In der Nacht regnet es. Und es gewittert. Und zwar in einer Lautstärke, die mich zusammenzucken lässt. Aber nicht umsonst gibt es die Bezeichnung Tropengewitter. Dadurch geweckt und vom Jetlag geplagt liegen wir dann ab vier Uhr wach und warten auf den Morgen.
Nach dem Frühstück treffen wir uns mit unserem Guide sowie drei weiteren Personen, um durch den Cahuita Nationalpark zu laufen. Der Regen hat nachgelassen und direkt vor der Lodge sehen wir wieder ein Faultier im Baum. Als wir den Parkeingang passieren, tröpfelt es wieder etwas und mit jedem Schritt nimmt der Regen zu. Aber ich bin glücklich, denn bei strömenden Regen durch den Regenwald zu laufen ist einfach gigantisch und das intensive grün der Blätter sieht fast schon unnatürlich aus. Völlig durchnässt kommen wir nach den ersten Kilometern an einer überdachten Stelle an, wo wir pausieren. Ein anderer Guide kommt mit seiner Gruppe und entdeckt eine Tarantel auf einem Balken unter dem Dach, die sich aber sofort verkriecht, als hätte sie gehört, dass sie entdeckt wurde. Nach ein paar Minuten lässt der Regen nach und wir sind froh, die Wanderung fortsetzen zu können.
Wir laufen jetzt langsamer, halten die Augen offen und sehen bald schon die ersten Affen in den Bäumen, aber auch kleine Tiere wie Frösche und Echsen. Auf einmal stoppt uns unser Guide und zeigt auf eine Schlange, die in einem Strauch hängt. Sie lauert. Schräg unter ihr sitzt eine Eidechse. Wir werden wohl gleich die seltene Gelegenheit kriegen, live zu sehen, wie eine Schlange eine Eidechse fängt. Die Schlange ist geduldig, wartet den richtigen Moment ab. Wiegt sich leicht im Rhythmus des Windes und plötzlich schießt sie vor und packt die Eidechse. Die ist allerdings zäh und wehrt sich nach Kräften. Am Ende verliert sie jedoch den minutenlangen Kampf und wird zappelnderweise verschlungen. Wir sind tief beeindruckt von diesem Naturschauspiel und wissen genau, dass wir alle achtlos vorbei gelaufen wären, wenn wir keinen so guten Guide an unserer Seite gehabt hätten.
Den Rest der ca. 10 km langen Wanderung sind wir jetzt völlig entspannt. Denn wir haben heute schon mehr gesehen, als wir erwartet hätten. Doch der Nationalpark zeigt uns noch das ganze Spektrum seiner tierischen Vielfalt. Zum Beispiel verrät uns unser Guide, dass unter einer bestimmten Blattart die Fledermäuse tagsüber hängen und schlafen. Auf normaler Augenhöhe sehen wir nur die Blätter, man muss sich hin knien, um unter die Blätter gucken zu können. Und da hängen sie, aneinandergeschmiegt, zwei kleine Fledermäuse. Wir sehen auch noch eine Waschbärenfamilie, viele Affen, Einsiedlerkrebse, die ganze Baumspalten bevölkern und eine Greifschwanz-Lanzenotter, eine der giftigen Schlangen Costa Ricas. Bevor wir zum Ausgang kommen, müssen wir noch einen Fluß durchqueren. Damit sind die Hosen, die gerade wieder einigermaßen trocken waren, auch wieder nass.
Pacuare River
Um 05:50 Uhr werden wir am nächsten Morgen abgeholt und mit dem Bus ins Landesinnere nach Siquirres gefahren. Die nächsten Tage verbringen wir in einer Unterkunft mitten im Dschungel. Den Weg dahin werden wir raften, daher heißt es umpacken und nur die Sachen mitnehmen, die für die nächsten drei Tage unbedingt notwendig sind. Der Rest bleibt hier in Siquirres. Bevor es los geht, kriegen wir noch ein richtiges Frühstück und warten auf andere Tourteilnehmer. Im Regen bereiten wir uns dann auf die Fahrt auf dem Boot vor. Rettungsweste anlegen, Verhaltensweisen besprechen, wenn man ins Wasser fällt und los geht’s. Der Teil des Pacuare River, den wir heute entlang fahren, ist nicht so schwierig und daher gut für die erste Raftingerfahrung geeignet. Nach etwa fünf Kilometern haben wir unser Tagesziel erreicht und kommen in der Lodge an. Natürlich durch den Regen und auch das Flusswasser wieder völlig durchnässt.
Nach dem Mittagessen, was die Guides für uns gekocht haben, bieten sie uns an, eine kleine Wanderung zu einem Wasserfall zu unternehmen. Gemeinsam mit zwei weiteren Pärchen laufen wir los. Natürlich ist eine Wanderung im Regenwald bei 28 °C und einer Luftfeuchtigkeit von annähernd 100 Prozent anstrengend. Es geht bergauf, erfordert Trittsicherheit und manchmal auch Klettergeschick. Gleichzeitig muss man vorsichtig sein und kann sich nicht einfach irgendwo an einem Baum abstützen, wenn man das Gleichgewicht verliert, weil überall mehr oder weniger giftige Tiere sein könnten, die dann vielleicht zubeißen oder -stechen. Wie zum Beispiel die Riesenameisen, die wir sehen. Und dann gibt es noch die Mücken und Pferdefliegen, die extrem lästig sind und uns belagern. Dann stehen wir vor dem Wasserfall und der ist im ersten Moment gar nicht so spektakulär wie ich erhofft hatte.
Das Highlight der Wanderung ist aber nicht der Wasserfall an sich, sondern dass wir die Möglichkeit haben, hier herunter zu rutschen. Da mir das vorher nicht bewusst war, habe ich nicht den feuchten Badeanzeug vom raften unter meiner Kleidung, sondern bis dahin einigermaßen trockene Unterwäsche. Aber gut, das ist kein Grund, auf den Spaß zu verzichten. Wir werden genau eingewiesen, wie wir rutschen sollen, um uns nicht zu verletzen und dann geht’s auch schon runter.
So schmerzhaft, wie es aussieht, ist es übrigens nicht. Aber eine klassische Wasserrutsche ist es eben auch nicht. Dennoch ist es ein großer Spaß und bringt zumindest kurzzeitig Erfrischung. Danach machen wir uns wieder auf den Weg zurück. Am Abend schlafen wir zum lauten Rauschen des Flußes ein.
Am nächsten Morgen regnet es. Es hat wohl auch die ganze Nacht geregnet. Und es sieht nicht so aus, als würde der Regen nachlassen. Der Wasserstand im Fluss ist wesentlich höher als am Vortag und die Guides erzählen uns schon, dass bei diesen Bedingungen raften nicht möglich ist und wir möglicherweise morgen zum Bus laufen müssen. Den Vormittag können wir dann auch nichts weiter unternehmen, denn alle Wege sind schlammig und rutschig, die Gefahr, dass etwas passiert, zu groß. Wir legen uns also in die Hängematten und relaxen. Nach dem Mittag lässt der Regen irgendwann nach und wir laufen über die Brücke auf die andere Flussseite, wo ein Weg den Berg hinauf führt. Ungefähr 1.000 Stufen, sagte der Guide und er hat nicht übertrieben. Schon auf der Hälfte des Weges denken wir, dass wir es ja bald geschafft haben müssten. Aber wir steigen weiter hoch und haben es irgendwann geschafft. Leider erwartet uns oben angekommen kein toller Ausblick, sondern nur eine Wegeskreuzung. Aber wir sind trotzdem froh, dass wir nach dem faulen Vormittag noch etwas Bewegung hatten.
Glücklicherweise sehen wir am nächsten Morgen, dass der Flusspegel wieder etwas zurück gegangen ist und wir so unseren Rückweg zum Hauptquartier raften können. Am frühen Vormittag kommen die Boote an und wir steigen gemeinsam mit einer französischen Familie, die ebenfalls die letzten Tage hier war, ein. Heute müssen wir den größeren und schwierigeren Teil des Flusses bewältigen und einige Stromschnellen haben es in sich. Es dauert auch gar nicht lange, bis die erste Person das Gleichgewicht verliert und im Fluss landet. Es handelt sich bei dieser Person übrigens um mich. Ich erschrecke mich zwar kurz, aber ich weiß, dass überall um mich herum Boote sind. Einer der Rettungskajakfahrer ist auch sofort neben mir und nimmt mir das Paddel ab, was ich selbstverständlich gut festgehalten habe, als ich ins Wasser gefallen bin. Und schon ist hinter mir mein Boot und ehe ich mich versehe, packt mich der Guide an der Schwimmeste, zieht mich hoch und ich liege wieder im Trockenen.