Wozu gibt es so viele Feiertage in Bayern? Natürlich um die Erlebnisse, die kurzfristig aufgrund von kaltnassem Pfingstwetter ausgefallen sind, nachzuholen. Seit gestern Abend ist meine Mama bei mir in Nürnberg und für Fronleichnam haben wir uns spontan für einen Tagesausflug nach Kössen entschieden. Natürlich sind wir nicht alleine mit der Idee, zum Start ins lange Wochenende in die Berge zu fahren, so dass wir den einen oder anderen Stau geduldig über uns ergehen lassen müssen. Aber wir fahren rechtzeitig los und haben dadurch keinen Stress. Am Irschenberg machen wir eine Pause in der Kaffeerösterei Dinzler. Auf dem Parkplatz gibt es kaum noch einen freien Platz und ich sehe uns schon eng an eng mit all den anderen Leuten sitzen. Aber wir sind positiv überrascht, denn innen ist die Rösterei sehr weitläufig und gemütlich. Wir essen beide ein Eis, mehr lassen Zeit und Nervosität nicht zu.

Als wir später in Österreich am Walchsee entlangfahren und die ersten Blicke auf das Unterberghorn erhaschen, sehen wir schon ein paar Gleitschirme. Je näher wir kommen, umso mehr scheinen es zu werden. Keine drei, vier, fünf, sondern es wirkt wie ein ganzer Schwarm an Paraglidern. Das ich heute wohl nicht alleine in der Luft sein werde, wird spätestens bei der Gabelung zum Parkplatz noch einmal klar, denn die Zufahrt ist gesperrt. Der große Parkplatz, an dem vor 10 Tagen mein Auto das Einzige weit und breit war. Heute gibt es hier keine Abstellmöglichkeit für mich. Wir parken also ein ganzes Stück weiter entfernt am Straßenrand und laufen zum Treffpunkt, Sigis Sportklause. Wir kommen vorbei an einer großen Wiese, wo im Sekundentakt die Paraglider landen. Außen herum sind Stände aufgebaut und es läuft Musik. So sieht es hier also aus, wenn das Wetter gut ist, denke ich mir und wir gehen weiter. Ich bin so begeistert von dem Blick auf den Berg mit den ganzen bunten Gleitschirmen, dass ich Christoph, meinen Piloten, den ich schon beim letzten Besuch kennengelernt habe, erst gar nicht erkenne.

Was für eine tolle Kulisse

Pfingstmontag war es hier noch grau und trüb

Schnell wird noch der Helm anprobiert, dann geht es schon mit der Seilbahn nach oben. Die Fahrt dauert recht lange, bestimmt 15 Minuten. Währenddessen erzählt uns Christoph, dass normalerweise auch nicht so viel los ist, aber diese Tage das „Super Paragliding Testival 2016“ stattfindet. Das bedeutet, dass verschiedene Gleitschirmhersteller ihre neuesten Produkte vorstellen und die Hobbyflieger alles testen können, was neu auf dem Markt ist. Deshalb standen an der Straße also auch Autos von Flugschulen an der Mosel und anderen Orten, die nicht gerade in der Nähe liegen. Als wir endlich oben angekommen sind sehen wir schon den Startplatz. Eine Wiese, die ähnlich wie der Landeplatz unten aussieht. Grünes Gras, überdeckt von den verschiedensten bunten Schirmen, welche hier von den Piloten für den Start vorbereitet werden. Es sind natürlich viele Einzelpiloten unterwegs, wir als Tandemflieger sind hier heute die Ausnahme. Als ein Stückchen Wiese frei wird, bereitet auch Christoph unseren Schirm vor. Ich kriege den Helm auf und werde festgezurrt und dann geht es auch schon los. Zwei Schritte nach vorne, der Schirm bläht sich im Wind auf und zieht uns nach hinten, dann noch ein paar Schritte vorwärts und wir schweben.

Aus der Seilbahn heraus fotografiert
Das tolle Panorama von der Bergstation aus
Actionkamera Funktionscheck
Noch mal alle Sicherungen nachziehen…
… und schon fliegen wir

Es gibt keinen Adrenalinkick, keine Überwindung, sondern es geht ganz leicht. Das Gefühl ist von Anfang an für mich so, als wäre es das Normalste der Welt. Ich sitze, nachdem ich noch etwas hin- und herrutsche, bequem in meinem Sitz und kann mich zurück lehnen. Als ich runter gucke ist es schon eine Perspektive, die man sonst nicht kennt. Aber auch das finde ich nicht unangenehm. Ich fühle mich sicher, befestigt da oben an dem Schirm, und vertraue meinem Piloten, dass er weiß, was er macht. Wir sehen den zahmen und den wilden Kaiser, den Gipfel vom Unterberghorn mit den vielen anderen bunten Paraglidern, den Walchsee und am Horizont in alle Richtungen Bergpanoramen, wie man sie sich nicht schöner vorstellen kann. Lange halten wir uns auf einer Höhe, genießen den entspannten Flug. Irgendwann kriege ich wieder die Selfiestange in die Hand gedrückt und das Kommando, dass wir gleich landen. Das heißt: Beine hoch und bereit machen für eine kurze Rutschpartie auf dem Hinterteil.

Panoramaflug über Kössen
Panoramaflug über Kössen
Panoramaflug über Kössen
Panoramaflug über Kössen
Panoramaflug über Kössen
Im Landeanflug
Musik: Kris Bauer – Colors

Unten wartet schon meine Mama, die währenddessen mit der Seilbahn wieder runter gefahren ist, auf uns. Zum Feier des tollen Flugs genehmigen wir uns noch alle ein Getränk in Sigis Sportklause. Hier schauen wir uns auch schon die Bilder und Filme an, die wir während des Fluges gemacht haben und beobachten die anderen Paraglider, die noch in der Luft sind. Nach der Erfrischung geht es wieder in Richtung Nürnberg. Ohne Zeitdruck und Aufregung beschließen wir, noch einmal beim Dinzler zu pausieren und hier unser Abendessen zu genießen. Es gibt eine sehr gute Pizza Prosciutto e Funghi, dazu Bier und für mich einen selbstgemachten Zitroneneistee. Der ist weit weg von der typischen gekauften Variante, sondern wird mir mit frischem Saft von Blutorangen, Zitronen und Orangen serviert. Dann noch Eiswürfel dazu – perfekt. Wir kaufen uns gleich noch einen Becher als Energiekick für den restlichen Heimweg.

Angeblich gibt es auch in der Luft Verkehrsregeln – die kann ich zwar nicht erkennen, aber so sieht’s ja auch viel schöner aus
Überall sind bunte Gleitschirmsprenkel am Himmel zu sehen
Selbstgemachter Eistee – besser könnte dieser perfekte Tag nicht enden