Colca Canyon

Wir werden um halb acht im Hotel abgeholt. Heute verlassen wir die Küstenregion und fahren zum Colca Canyon, wo wir unterwegs den höchsten Punkt der Reise auf 4.910 m passieren. Das könnte eine Herausforderung werden. Schon die Nacht lief nicht so gut. Micha hat wieder dolle Probleme mit den Augen und auch Jessi fühlt sich nicht ganz fit. Micha und Angie beschließen, vorerst in Arequipa zu bleiben und ins Krankenhaus zu fahren. Also geht es für uns zu viert weiter. Trotz leichter Beschwerden ist die Natur, durch die wir fahren, wunderschön und wir sehen die ersten Alpakas und die schneebedeckten Gipfel der Anden am Horizont. Am höchsten Punkt auf dem Patapampa-Pass machen wir eine Pause und ich merke schnell, wie sich ein Druck auf den Kopf aufbaut. Jessi geht es schlechter und so entschließt sich unser Guide, schnell weiter zu fahren, da die Höhe zusätzliche Beschwerden mit sich bringt. Unser heutiges Ziel Chivay liegt wieder etwas tiefer, auf 3.650 m. Gegen Mittag kommen wir hier an und können zum Glück auch schon im Hotel Pozo del Cielo einchecken.



Pause auf dem Weg nach Chivay

Der höchste Punkt unserer Reise – Mirador de los Andes auf 4.910 m

Weitblick vom Mirador de los Andes

Weitblick vom Mirador de los Andes

Endlich erreichen wir Chivay

Während der Rest unserer minimierten Gruppe noch zu den heißen Quellen in Chivay fährt, bleibe ich mit Jessi im Hotel. Sie ist heilfroh, endlich aus dem Bus zu kommen und legt sich sofort hin und schläft etwas. Nach ein paar Stunden kommen auch Roland und Vroni wieder im Hotel an. Roland legt sich ebenfalls sofort hin, denn er hat plötzlich starke Kopfschmerzen. Die Höhe, die Aufregung, die Temperaturschwankungen, dazu noch die heißen Quellen und die vielen Stufen, die wohl auf dem Rückweg zu erklimmen waren, waren zu viel für ihn. Während sich unsere zwei Patienten ausruhen, gehen Vroni und ich noch einmal gemeinsam in die Stadt. Schon den ganzen Tag über haben wir die Musik gehört, denn es ist gerade Karneval in Peru. Der Mittelpunkt der Feierei ist schnell gefunden, wenn auch wesentlich kleiner, als wir dachten. Es tanzen ein paar Einheimische um einen Baum herum, ab und zu bleiben sie stehen und einer der Peruaner nimmt die Axt und schlägt in die Kerbe, die zwar schon deutlich zu erkennen ist, aber wir vermuten, dass der Baum noch eine ganze Zeit lang stehen bleiben wird. Also laufen wir weiter zum Hauptplatz der Stadt, wo auch einige Garküchen aufgebaut sind. Hier bestellen wir uns eine Portion Arroz con leche, also Milchreis. Es ist spannend, das Markttreiben zu beobachten und die Musik im Hintergrund zu hören. Der Rückweg zum Hotel ist nicht lang, aber aufgrund der Höhe kommen wir deutlich langsamer voran als es normalerweise der Fall wäre. Jessi und Roland geht es immer noch nicht besser, so dass wir von der Hotelchefin den Arzt anrufen lassen. Immerhin fahren wir morgen weiter und auch auf der Höhe werden wir uns noch ein paar Tage befinden. Bis zum Eintreffen des Arztes gehen Vroni und ich zum Abendessen. Auch für Roland und Jessi bestellen wir Hühnersuppe und Mate de Coca. Da die Hotelchefin kein englisch spricht und wir kein spanisch, nehmen wir die Übersetzungsapp als Hilfe, um ihr zu erklären, dass wir die Suppe für unsere kranken Freunde bestellt haben und ob sie diese auf ihr Zimmer bringen könnte. Sie holt ihr Handy, um uns darauf ihre Antwort mitzuteilen. Sie ist sehr bemüht, für uns und auch die anderen alles bestmöglich herzurichten. Noch bevor unsere Suppe kommt, kommt der Arzt. Vroni zeigt ihm das Zimmer und bleibt dann als Ansprechpartnerin auch gleich da. Jessi hat wohl eine Infektion, sie kriegt Antibiotika und Schmerztabletten, während Roland eine Spritze in sein Hinterteil bekommt, da er Tabletten nicht bei sich behält. Aber die Spritze wirkt und schon 10 Minuten später geht es ihm deutlich besser. Die Krankenschwester will am nächsten Morgen noch einmal vorbei kommen und nach den beiden sehen. Die gute Nachricht ist, dass es bei beiden nicht die Höhenkrankheit ist, der Sauerstoffgehalt im Blut ist in Ordnung. Dennoch werden die beiden den Ausflug morgen Vormittag zum Mirador Cruz del Condor, dem Aussichtspunkt, von dem aus wir hoffentlich die Anden-Kondore sehen werden, nicht mitmachen.

Unsere hübsche Hotelanlage in Chivay

Karneval in Chivay

Beim Milchreisessen auf dem Markt

Unsere Gruppe wird immer kleiner, denn den heutigen Tag starten wir nur zu zweit. Dennoch versuchen Vroni und ich, den Ausflug heute zu genießen, auch wenn wir nicht vollzählig sind und oft an die anderen denken. Wir fahren durch die traumhafte Landschaft des Colca Canyon. Unterwegs machen wir einige Pausen an den dafür vorgesehenen Haltepunkten und schießen ein Foto nach dem anderen. Da wir früh aufgebrochen sind, erreichen wir unser erstes Zwischenziel schon vor 9 Uhr. Wir werden ein paar Kilometer vor dem Mirador Cruz del Condor von unserem Bus abgesetzt und wollen das letzte Stück zu Fuß zurück legen. Es ist neblig und fast düster, sobald die Sonne hinter den Wolken verschwindet. Hier hätte man auch gut Szenen aus den “Herr der Ringe”-Filmen drehen können. Der Weg ist aber sehr schön und nur die kurzen Steigungen etwas anstrengend. Kurz unterhalb des eigentlichen Aussichtspunkts stoppt unser Guide, sagt, dass da oben der Aussichtspunkt ist und wir uns in einer Stunde da wieder treffen. Wieso genau wir jetzt in 20 m Entfernung auf einer Plattform mit einer Horde Menschen einen besseren Blick auf die Kondore haben sollen als hier, wo nur wenige Leute sind, erschließt sich Vroni und mir nicht. Also bleiben wir hier und warten. Und warten. Aber kein Kondor ist zu sehen, auch nicht, wenn die Nebelfetzen mal kurz aufreißen. Natürlich bin ich etwas enttäuscht, aber die tolle Landschaft, die wir gesehen haben, war den Ausflug schon wert.

Abschied von Chivay

Daran kann man sich einfach nicht satt sehen

Auf dem Weg zum Aussichtspunkt Mirador Cruz del Condor

Noch kein Kondor, aber zumindest ein Nagetier säumt unseren Weg

Warten auf den Kondor

Nach einer Stunde heißt es Abfahrt, wir haben heute noch eine ordentliche Wegstrecke nach Puno vor uns. Auf dem Rückweg halten wir noch einmal an einem der Aussichtspunkte an. Wir witzeln, dass bestimmt jetzt hier gleich der Kondor kommt und dann kommt er auf einmal wirklich. Der größte flugfähige Vogel der Welt. Er fliegt mehrfach über das Tal vor uns und dann auch über unsere Köpfe hinweg, bis er irgendwann nur noch als kleiner Punkt zu sehen ist. Wir genießen noch einen Moment die Aussicht und fahren dann weiter, alle mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Natürlich halten wir jetzt verstärkt die Augen offen, und tatsächlich, wir sehen noch einmal einen, nein zwei, Kondore. Also wird kurzerhand am Straßenrand angehalten und alle springen mit gezückter Kamera aus dem Bus. Als auch diese zwei Kondore langsam aus unserer Sichtweite verschwinden, fahren wir weiter. Zurück in Chivay sammeln wir Roland und Jessi ein. Roland geht’s wieder einigermaßen gut, Jessi hingegen fühlt sich immernoch elend. Doch es hilft nichts, wir haben 5 Stunden Fahrt nach Puno vor uns. Zum Glück wissen wir zu diesen Zeitpunkt noch nicht, wie ätzend die Fahrt tatsächlich werden wird, denn die letzten 1,5 Stunden geht es über holprige Buckelpisten. Unser Fahrer versucht, einigermaßen schnell zu fahren und bremst entsprechend hart vor jedem der vielen Schlaglöcher ab. Das ist schon anstrengend, wenn man gesund ist und wir sind heilfroh, als wir in Puno ankommen. Gleichzeitig erreicht uns hier aber auch die Nachricht von Angie und Micha, dass der Arzt in Arequipa nicht so richtig weiterhelfen konnte und die beiden nun einen Rückflug nach Deutschland gebucht haben. Das überrascht uns dann doch, sind wir doch fest davon ausgegangen, dass die beiden hier auf uns warten werden, wenn wir in Puno eintreffen.

Da ist er – der Andenkondor


Was für ein prächtiges Tier







Puno

Da es Roland wieder besser geht, können wir unsere heutige Tour auf dem Titicacasee wieder zu dritt antreten. Während wir zum See fahren regnet es und es ist naßkalt. Aber auf dem Boot angekommen macht uns der Kapitän Hoffnungen, dass in einer Stunde die Sonne scheinen wird. Zunächst fahren wir zur Insel Taquile, auf der noch sehr ursprünglich gelebt wird. Der Aufstieg vom Bootsanleger auf 4.000 m Höhe ist nicht ganz ohne, die Höhe macht sich nach wie vor bei jedem Schritt bemerkbar. Auch haben wir alle leichte Kopfschmerzen, was zwar nicht schlimm, aber doch nervig ist. Es nieselt noch leicht, während wir etwas über die Geschichte der Insel und die Lebensweise, welche zum Teil bis heute beibehalten wurde, erfahren. Wir dürfen hier auch eine Familie besuchen. Die Männer sind mit Stricken beschäftigt, die Frauen mit Spinnen und Weben. Bis vor ein paar Jahren durften die Dorfbewohner auch nur innerhalb der Dorfgemeinschaft heiraten, was aber bald zu Komplikationen führte. Daher ist es heute auch erlaubt, außerhalb des Dorfes zu heiraten. Nur stricken muss der Mann können. Wir kriegen noch ein paar traditionielle Tänze vorgeführt und die Familie legt einige ihrer Sachen zum Verkauf aus. Danach fahren wir weiter zu einer Halbinsel, wo wir ein Mittagessen kriegen, welches traditionell im Alpakadung gekocht wurde. Es gibt Hähnchen und Fisch, verschiedene Kartoffeln, Bohnen und Kochbananen. Nach dem Essen fahren wir noch zu den Uro-Inseln, die schwimmenden Schilfinseln, auf denen auch heute noch Menschen leben. Natürlich werden wir auch hier sehr herzlich empfangen und uns wird genau erklärt, wie die Inseln konstruiert sind. Danach haben wir auch hier noch die Möglichkeit, Souveniers zu kaufen. Inzwischen brennt die Sonne vom Himmel und wir suchen schon den Schatten. Bald schon fahren wir mit dem Boot zurück nach Puno. Natürlich ist der ganze Tag recht touristisch gewesen, dennoch waren wir zumindest immer die einzige Gruppe, die sich jeweils vor Ort befand. Zurück im Hotel kriegen wir gleich die Nachricht, dass Angie und Micha ihren Anschlussflug in Lima verpasst haben und alle anderen Flüge so ruinös teuer sind, dass sie sich entschieden haben, doch einen Flug nach Cusco zu buchen, wo wir sie morgen wieder treffen werden. Außerdem hat Jessi geschrieben, dass es ihr wieder besser geht, was wir natürlich auch gleich persönlich kontrollieren. Sie kommt sogar mit uns zum Abendessen und sie isst auch ordentlich, was ein gutes Zeichen ist. Ich habe mich auf dem See richtig doll im Gesicht verbrannt. Naja, wer auf die Hinweise wie “Unterschätze nie die Höhensonne, auch wenn es regnet.” nicht hört, der muss dann halt die nächsten Tage mit einem knallroten Gesicht umher laufen.

Angekommen auf Taquile – noch ist es regnerisch

In diesen Lehmhütten wohnen die Dorfbewohner

Die Frauen weben auf dem Boden…

… während die Männer am Tisch sitzen und stricken

Langsam wird das Wetter besser

Idylle am Titicacasee

Hier drin gart unser Mittagessen, vorher wird sich aber noch bei Pachamama – der Mutter Erde – bedankt.

Die Bauweise der Inseln wird uns vorgeführt

Möwe gegen Katze

Einer der Holländer, die mit uns unterwegs waren, hat den Kindern gezeigt, wie herrlich Luftballons quietschen, wenn man die Öffnung auseinander zieht. Die Kinder fanden es großartig.

Zurück nach Puno

Heute steht unsere letzte längere Busfahrt bevor. Wir fahren von Puno nach Cusco. Die Strecke ist so geplant, dass wir unterwegs mehrere Pausen an verschiedenen Sehenswürdigkeiten machen, die man dann während des Aufenthalts besichtigen kann. An sich eine gute Idee bei einer so langen Fahrt. Unser erster Halt ist Pukara, hier können wir uns das Museum anschauen. Wobei der Begriff Museum schon fast übertrieben ist für den kleinen Raum, der mit unserer Busgruppe schon fast überfüllt ist. Vor dem Museum und der Kirche nebenan ist ein kleiner Markt aufgebaut, hier stöbern wir noch kurz, bevor es weiter geht. Unser nächster Stopp lässt uns die Schweißperlen auf die Stirn treten, denn es geht noch einmal auf 4.335 m auf den Pass La Raya. Auch hier merken wir wieder, dass die Luft deutlich dünner ist und wir es hier nicht lange aushalten würden. Zum Glück ist nur ein kurzer Aufenthalt geplant. Inzwischen geht es schon auf Mittag zu. Dieses ist ebenfalls im Busticket enthalten. Wir halten an einem Rastplatz, wo in einem Gasthaus ein Buffet aufgebaut ist. Es ist furchtbar laut hier drin durch die Live-Panflöten-Band. Aber zumindest gibt es saubere Toiletten (mit Klopapier und funktionierender Spülung). Der nächste Stopp erfolgt in Raqchi, wo wir uns unsere erste Tempelanlage des Urlaubs anschauen. Das ist zwar ganz interessant und der Spaziergang durch die alten Gemäuer tut gut, aber unser Guide nuschelt die ganze Zeit vor sich hin und es ist schwierig, etwas zu verstehen. Die letzte Station vor Cusco ist Andahuaylillas, wo wir die Kirche San Pedro, die “sixtinische Kapelle Südamerikas” anschauen. Planmäßig erreichen wir gegen 17 Uhr Cusco, wo wir im Hotel Sueños del Inka schon von Micha und Angie erwartet werden. Zunächst aber dürfen wir unsere Zimmer beziehen. Ein Hotelmitarbeiter schnappt sich unsere Koffer, einen links, einen rechts, und hüpft fröhlich die gefühlt 10 Treppen in den fünften Stock hinauf. Vroni und ich kriechen eher hinterher und sind schon auf der Hälfte der Strecke platt. Danach treffen wir uns in der Hotellobby und berichten Angie und Micha, was in den letzten Tagen bei uns passiert ist und wir erfahren, was sie erlebt haben. Dazu gibt es Kamillentee, denn den Coca-Tee können wir langsam nicht mehr sehen. Zum Abendessen landen wir in einer Sportsbar in unmittelbarer Nähe zu unserem Hotel. Hier feiern wir bei einem Bier und gutem Essen unsere Wiedervereinigung.

Kirche in Pukara

Ruinen in Raqchi

Wieder wiedervereint in Cusco